Hille hat geschrieben:Iarwain hat geschrieben:micklas hat geschrieben:Weil du damit eine riesige Büchse an Problemen aufmachen würdest: Baskenland, Navarra, Nordirland, Südtirol, Venetien, Wallonie, Flandern, Teile der Slowakei in denen ungarisch gesprochen wird, Teile Ungarns, in denen Rumänisch gesprochen wird (und umgekehrt), Bretagne, Korsika, Schottland usw usf.
Jip, der imperialistisch-chauvinistische Charakter des bürgerlichen Europas würde dann plötzlich offen liegen. Überall, wo sich Menschen selbst ermächtigen wollen, werden sie auf die selben Reaktionen stoßen. Das wäre eine ernsthafte Krise des Kapitalismus.
Das würde ich anders interpretieren. Katalonien mag da eine Ausnahme sein, aber im Großen und Ganzen gehts in diesen Separationsbewegungen nicht um eine Befreiung im Klassen-Sinne sondern das ist eher Nationalismus in Reinkultur. An der generellen Situation der arbeitenden Klasse ändert sich durch ein "unabhängiges" Katalonien, Schottland, Süd-Tirol, Altbayern usw. gar nichts, die Kapitalmärkte haben in"neuen" Kleinstaaten genausoviel Macht wie vorher.
Klar ist die EU wie sie sich heute darstellt ein bürgerlich-kapitalistisches Wirtschaftsbündnis und um nichts anderes gehts da, aber ich habe Europa immer als Möglichkeit gesehen. Damit sich Menschen selbst ermächtigen können, muss die Nation als reines Kunstprodukt des bürgerlichen 19. Jahrhunderts erst einmal aus den Köpfen raus. Sprich: je mehr Europa (Eurasien, Welt, ...), desto weniger Dinge, die die Klasse in sich geistig trennen.
Kleinstaaterei bewirkt meiner Ansicht nach das Gegenteil.
Ich teile da eher Hilles Einschätzung.
Die Beweggründe sind eher trivialer Natur.
Verklärte Roter-Stern-auf-schwarzem-Grund-Romantik sieht in diesen Tagen in vielen Begehren und Bestrebungen oft und gerne die klassische Klassenkampf-Fata-Morgana aufblitzen...
Es wird dort ein Agieren einer homogenen Masse suggeriert, ein Klassenbewusstsein in politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Herrschaftsverhältnissen unterstellt, wo solches nicht mal im Ansatz vorhanden ist - so leid es mir tut.
Woher soll denn plötzlich, der ganze hierfür nötige Intellekt herabregnen?
Ich habe vor 30 Jahren auch noch "Schritt für Schritt ins Paradies" gesungen und damals wie heute stehe ich dem autonomen Theorie-Ansatz der triple Oppression (Klassismus, Rassismus, Sexismus) näher als dem klassischen Kommunistischen Ansatz (Hauptwiderspruch/Kapitalismus, sonstige Nebenwiderwsprüche/Ausbeutung+Unterdrückung)...
Aber die Zeiten waren komplett andere - und mein idealistisches Ego muss die negativen Entwicklungen der Zeit akzeptieren und als Wahrheit hinnehmen. Das gnadenlose Wegbrechen der intellektuellen Schichten und Bewegungen...
Wo sind die Intellektuellen, die die richtigen Fragen stellen, aktuelle Geschehnisse deuten und in einen großen Zusammenhang stellen können? Sie führen ein Nischen-Dasein in versteckten Podcasts und Kulumnen. Weit davon entfernt in den Fluten des Lügenmeers gehört zu werden, geschweige denn zu einem Teile einer großen Bewegung zu werden. Ein paar selbsternannte oder installierte Medien-Intellektuelle, Prominenz-Marionetten wie Opium fürs Nischenvolk.
Wir sind weiter von einem Klassenkampf entfernt, als es sich die außerparlamentarische Linke eingestehen will.
"Besorgte Bürger" hinterfragen das 200-Euro-Handy des Flüchtlings -
nicht den 120.000 Euro-Porsche der Heuschrecke...
Der Aufstieg im Oben-und-Unten-Spiel ist das allgemeine Bestreben - nicht das Hinterfragen des Spiels.
"Wer wird Millionär?"
Kein Satz beschreibt die Gegenwart treffender...